20November
2016

Douglas

Das Internet ist in dem Hightech-Land USA manchmal einfach lausig und Tombstone ist Wilder Westen, nach wie vor. Einige Male dachte ich bei einem Pistole tragenden Cowboy, hoffentlich sind's nur Platzpatronen. Ja, also Tombstone, schon ein Ereignis durch diese Straßen zu schlendern. Der Ort lockt Touristen an, auch solche, die sich das Recht mit der Waffe zurückwünschen, das trübt die unbefangene Freude am Wilden Westen bei mir doch ziemlich. Tombstone besteht aus 2 je 800m langen Straßenzügen, an denen sich Souvenir -, Westernkleidung- und sonstige Läden aneinander reihen. Dazwischen fahren Kutschen, die eine Stadtrundfahrt anbieten, Wyatt Earp und seine Brüder, Cowboys, Mountain Men und ein paar elegante Damen mischen sich ins Stadtbild. In den wirklich alten und sehenswerten Saloons bedienen ebenfalls Cowboys und Mädels in engem Mieder und Rüschenunterhosen. Kurios und unterhaltsam. Wir haben uns natürlich die legendäre Schießerei , die 3 x täglich nachgespielt wird, nicht entgehen lassen. Man muß es gesehen haben, obwohl es schrecklich laut ist! Das Museum im Courthouse haben wir selbstverständlich auch besucht und so langsam schwirrte mir der Kopf vor lauter Wyatt Earp und seine Gesellen, so ganz der "Gute" war er eben auch nicht. Interssant war die Geschichte von "Big Nose Kate" , der Freundin Doc Hollidays, eine der ersten Prostituierten in Tombstone, nachdem sie vorher schon in anderen Minenstädten gearbeitet hatte. Sie ist als 16jährige mit ihren Eltern aus Ungarn eingewandert und war trotz dieses Lebenswandels fast 90 Jahre alt, als sie 1940 starb. Auch das Birdcage Theater besichtigten wir, ein Saloon mit Spielhalle und "Etablissement", später traten dann sogar Enrico Caruso und Sarah Bernardt darin auf. Das Theater ist seit den 50er Jahren geschlossen und zu dem Zeitpunkt muß auch das letzte Mal Staub gewischt worden sein! In den Vitrinen und Ausstellungsflächen ist kaum etwas zu erahnen, handgeschriebene verblaßte Zettel geben kaum mehr lesbare Erläuterungen. Und trotzdem, dem Charme kann man sich nicht entziehen! Es ist schon etwas Besonderes an so einem Ort gewesen zu sein und alles "live" zu sehen. Abends sind wir noch zum Boothill Cementary, Boothill deshalb, weil die meisten in ihren Stiefeln starben, da sie  entweder erschossen wurden oder bei einem Minenunglück ums Leben kamen. Der Friedhof zeugt von einer sehr rauhen, harten und schweren Zeit. In schönem Sonnenuntergang schlenderten wir wieder in den Ort zurück. Hoffentlich erhält sich der Mythos noch recht lange, es stehen doch auch einige Läden leer und unser Motel war nur mäßig belegt, das dazugehörige Restaurant hatte bereits ganz zu. Tombstone liegt einfach weit weg von den klassischen USA-Zielen.

Heute morgen ging es weiter in Richtung Süden, über Bisbee nach Douglas, direkt an der mexikanischen Grenze. Auch Bisbee war eine Minenstadt, allerdings fand man Kupfer und das auch in großen Mengen, so daß erst 1975 die letzte Mine schloß und umgegrabene Landschaft hinterließ. Bisbee liegt in einem tief eingeschnittenen Tal und preist seine vielen Treppen, die zu den steil am Hang liegenden Häuser führen. Im Frühjahr findet ein 1000 Stufen - Rennen statt, kommt euch das bekannt vor?! Bisbee ist eine richtig nette Kleinstadt, in der noch ein paar Menschen leben, mit Geschäften, Cafés, Galerien, der Ort hat Flair. Wir erkundeten ihn kreuz und quer. Ein sehr tüchtiges Tourismusbüro hatte Stadtpläne und Streckenvorschläge parat und damit ausgestattet, liefen wir die steilen Sträßchen hinauf und hinab.Die Minentour haben wir ausgelassen, da die "Unterwelt" nicht so die unsere ist! Durch die"high desert", die ganze Gegend liegt so auf 1400 - 1600m Höhe, ging es hügelig weiter und dann öffnen sich wieder riesige ganz flache Täler. So erreichten wir Douglas, wir haben ein Zimmer im Gadsden Grand Hotel, mit einer sensationellen Lobby, Treppenaufgang aus italiensichem Marmor, Glasfenstern von Tiffany und - uns beiden als einzige Gäste!! Der Charme hat sich erhalten, das Zimmer ist modern, die Fenster sind allerdings mit Plastikfolie verhängt, da sie überhaupt nicht mehr dicht sind. Es ist ganz merkwürdig hier, hoffentlich spukt es nicht! Douglas ist ebenso merkwürdig, hier war eine Kupferschmelze, die ebenfalls in den 70er Jahren schloß, doch leider hat hier Wyatt Earp keinen erschossen und liegt es nicht so malerisch wie Bisbee. Ich habe den Eindruck, wer kann zieht weg. Vieles steht leer und / oder bröselt vor sich hin. Direkt an der mexikanischen Grenze, wir hätten zu Fuß hinübergehen können, haben es die Geschäfte auf der amerikanischen Seite auch schwer, den Preisen etwas entgegenzusetzen. Auch hier sind wir noch kreuz und quer spaziert, es hinterlässt einen morbiden Eindruck. Aber an der Hauptstraße blinkt eine wunderschön bunte Weihnachstbeleuchtung heute Abend! Bei den sommerlichen Temperaturen stellt sich noch gar keine Weihnachsstimmung bei mir ein....

Tombstone

Bisbee

 

das Gadsdan Grand-Hotel

Douglas -  bewohnt und unbewohnt